Literarische Hörbücher im August

Ein großes Generationenporträt über drei Frauen, drei Zeiten, drei Welten

Anna Neata erzählt in ihrem Debütroman über einen Zeitraum von 80 Jahren hinweg von ungelebten Leben, vergeblichen Hoffnungen und der einzigartigen Solidarität unter Frauen.

Elli, 1928 geboren, wird inmitten des Zweiten Weltkrieges Zeugin einer illegalen Abtreibung. Eine verstörende, prägende Erfahrung. Ebenso verliebt wie naiv, stürzt sie sich Anfang der Fünfzigerjahre in die Ehe mit Alexander, von der schon nach kurzer Zeit wenig mehr als die gemeinsame Tochter Alexandra übrigbleibt. Alexandra rettet sich in den bewegten Siebzigerjahren aus einer unglücklichen Beziehung, als sie sich gegen ein Kind entscheidet. Ihr zeitlebens bester Freund Hannes ist einer der wenigen, der ihr zur Seite steht und später zu ihrer vielleicht letzten Liebe wird. Dabei ist Alexandras zweite Ehe mit Milan zumindest vordergründig glücklicher, Tochter Eva wird 1986 geboren. Hannes´ Sohn Konrad und Eva werden sich, wie schon ihre Eltern, immer nah sein, auch als Eva Anfang der 2000er nach einem Schwangerschaftsabbruch in Depressionen versinkt. Eva ist die erste der drei, die versucht, etwas herauszufinden, von dem sie lieber nicht wissen wollte, was es sein könnte; die erste, die sich den biografischen Gemeinsamkeiten in ihrer Familie stellt.

ET: 31.08.2023, Buchausgabe: Ullstein

Angelika Klüssendorf: » Risse « [ Hörprobe von Corinna Harfouch]

Das autofiktionale Sequel zur Romantrilogie »Das Mädchen«, »April« und »Jahre später«

»Wenn ein Buch die Axt für das gefrorene Meer in uns sein muss, wie Kafka sagt, dann ist für mich eines davon »Risse« von Angelika Klüssendorf. Warum? Weil sie ihren Figuren und uns eine Suche nach dem Abgrund in sich selbst zumutet – eine Suche, die schmerzt und Mitgefühl ermöglicht. Ich bewundere sie dafür.« Corinna Harfouch

Angelika Klüssendorf erzählt die Vorgeschichten zum Erfolgsroman »Das Mädchen« neu, die vor zwanzig Jahren erschienen und nicht mehr lieferbar sind. Sie überprüft schonungslos, was nicht erzählt wurde und warum – ein sehr persönlicher Blick auf die eigene Vergangenheit. In zehn Geschichten entfaltet die Autorin ein Kinderleben in der DDR in den 60er- und 70er-Jahren, geprägt von Ungeborgenheit und Sehnsucht.

Nach dem Tod der geliebten Großmutter muss das Mädchen Übergriffen und Teilnahmslosigkeit begegnen. Es ringt darum, seine Eltern auszuhalten und zu verstehen und die Schwester zu beschützen. Lichtblicke liefern Bücher, das Lesen bietet selbst im Kinderheim noch einen Ausweg.

ET: 31.08.2023, Buchausgabe: Piper

Alena Schröder: » Bei euch ist es immer so unheimlich still « [ Hörprobe von Elisabeth Günther ]

Die Fortsetzung von »Junge Frau am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid«

Alena Schröder nimmt den Faden wieder auf – und erzählt, was in ihrem gefeierten Debütroman im Dunklen blieb.

Eine Geschichte von Wagnissen des Aufbruchs und der Heimkehr. Die 33-jährige Silvia Borowski fährt in einem geklauten Polo aus Westberlin in Richtung Süden. Immer wieder lauscht sie auf das leise unregelmäßige Atmen neben sich: Auf dem Beifahrersitz, in einem Wäschekorb, liegt ihre kleine Tochter Hannah. Sie ist erst wenige Wochen alt. Silvia hat genug von ihrem Leben in einer Kreuzberger Hausbesetzer-WG, und der Vater ihres Kindes will nichts von ihr wissen. Aber was erwartet sie in jener Kleinstadt, aus der sie einst überstürzt geflohen ist? Und wie wird ihre Mutter Evelyn sie aufnehmen?

ET: 04.08.2023 / 31.08.2023, Buchausgabe: dtv

Bov Bjerg: » Der Vorweiner « [ Hörprobe von Nina Kunzendorf ]

Die Zukunftserzählung des Bestsellerautors von »Auerhaus« und »Serpentinen«

Bov Bjergs neues Hörbuch ist ein kühner Wurf: barock wie ein Menuett, gegenwärtig wie ein Liveticker, fernsichtig wie eine Vorhersage. Und mit absolutem Gehör für Sprache und ihre Möglichkeiten komponiert.

Resteuropa, Ende des Jahrhunderts. Bürgerkriege und Naturkatastrophen haben die Welt verwüstet. Eine dicke Schicht Beton hebt den Rumpfkontinent über den steigenden Meeresspiegel. In den Auffanglagern Neuschwanstein und Neulübeck versammeln sich dänische, ghanaische oder niederländische Geflüchtete. Einer von ihnen ist Jan. Mit nichts am Leib tritt er in die Dienste von A. wie Anna. Für sie war es höchste Zeit, sich einen Trauergastarbeiter zuzulegen. Tränen bringen Prestige, und nur wer über einen fähigen Vorweiner verfügt, um den wird am Ende überzeugend geweint. Zu echter Trauer ist ohnehin niemand mehr in der Lage. Auch nicht B. wie Berta, Annas Tochter. Berta ist die Erzählerin und das lidlose Auge unserer Geschichte. Und wie sie erzählt: furios, komisch und ohne Mitleid

ET: 31.08.2023, Buchausgabe: Claassen