Buchmessen – Mekka für die Literaturwelt

Einst waren Buchmessen ein Bereich der allgemeinen Handelsmessen. Erst mit der Verbreitung des Buchdrucks entstanden eigenständige Buchmessen. Mittlerweile präsentieren die Aussteller auf Buchmessen nicht nur Printmedien, sondern zunehmend auch elektronische Medien, also Hörbücher, literarische DVDs, Software, elektronische Lehrmittel und digitale Lexika. Buchmessen sind vor allem aber ein Mekka für die Literaturwelt. Autoren und Verleger, Übersetzer und Illustratoren, Literaturagenten, Buchhändler, Bibliothekare und Drucker kommen zusammen, um ihre Angebote vorzustellen und Geschäfte abzuschließen. Als die beiden wichtigsten deutschen Buchmessen haben sich die Frankfurter und Leipziger Buchmesse etabliert.

Die Frankfurter Buchmesse – im Wandel der Zeit

Sie gilt als bekannteste internationale Buchmesse Deutschlands und hat eine mehr als 500-jährige Tradition, nachdem Johannes Gutenberg in Mainz den Buchdruck revolutioniert hatte und die Buchdrucker Johannes Fust, Peter Schöffer und Konrad Henckis die Frankfurter Messe zum Umschlagsort des Verlagsbuchhandels machten. Bis zum späten 17. Jahrhundert blieb Frankfurt am Main die zentrale Buchmessestadt Europas. Die politischen und kulturellen Umwälzungen der Reformation begannen jedoch die Verlagsgeschäfte zu beeinträchtigen. Vor allem die Zensur durch die Kaiserliche Bücherkommission machte es der Frankfurter Buchmesse schwer. Schließlich wurde sie in der Zeit der Aufklärung von der Leipziger Buchmesse verdrängt. Erst durch die Teilung Deutschlands gewann die Frankfurter Buchmesse wieder an Bedeutung, als sie vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels 1949 neu ins Leben gerufen wurde und sich im Herbst desselben Jahres deutsche Aussteller in der Frankfurter Paulskirche zur ersten Buchmesse der Nachkriegszeit versammelten. Wenige Jahre später kamen immer mehr ausländische Aussteller hinzu, wodurch die Frankfurter Buchmesse zur ersten wirklich internationalen Veranstaltung ihrer Art wurde.


Sie findet jährlich im Oktober auf dem Ausstellungsgelände der Messe Frankfurt statt und wird von der Ausstellungs- und Messe-GmbH organisiert, einer Tochter des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Die Messetage unter der Woche sind den Fachbesuchern vorbehalten, sodass das Publikum nur Samstag und Sonntag die Frankfurter Buchmesse besuchen darf. Seit 1976 hat sie regionale und thematische Schwerpunkte und stellt in jedem Jahr die Literatur und Kultur eines Gastlandes heraus.
Unter dem Motto Sprühende Kreativität wird Spanien auf der Frankfurter Buchmesse 2022 vom 19.10. bis 23.10.22 sein literarisches und kulturelles Leben vorstellen. Da die Bekanntgabe des Gewinners des Nobelpreises für Literatur häufig in die Messewoche fällt, ist die Buchmesse außerdem traditionell das erste größere Forum des Verlages, der die Werke des neuen Nobelpreisträgers im Programm hat.

Apropos Forum: Die Frankfurter Buchmesse wird auch als Produktionsort für Rundfunk- und Fernsehsendungen rund um das Thema Buch genutzt. Die Gesprächssendungen werden live im Fernsehen übertragen oder im Internet gestreamt. Und dann sind da noch Tausende internationale Journalisten, darunter zahlreiche Blogger, die von der Messe berichten.


Weitere Highlights sind der jeweils am Messesonntag in der Paulskirche verliehene Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, mit dem Autoren für ihren besonderen Einsatz für den Frieden ausgezeichnet werden, sowie der Deutsche Jugendliteraturpreis. Last, but not least fördert die Frankfurter Buchmesse in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt, dem Goethe-Institut und anderen Institutionen die Übersetzung deutscher Literatur im Ausland, und in diesem Jahr steht das Thema Übersetzen mit all seinen Facetten im Zentrum der Frankfurter Buchmesse. 

Leipziger Buchmesse – damals und heute 

Etwas andere Ziele verfolgt die Leipziger Buchmesse. Ihre Geschichte reicht bis ins 17. Jahrhundert zurück, als die Zahl der dort vorgestellten Bücher erstmals diejenige der Buchmesse in Frankfurt am Main überstieg. Im 18. Jahrhundert stellte Leipzig mit seinen Verlegern und Buchhändlern das Zentrum des modernen deutschen Buchhandels dar. Der Spitzenplatz der Leipziger Buchmesse blieb bis 1949 bestehen, erst danach wurde sie von der Messe in Frankfurt am Main überflügelt. Dennoch war die Leipziger Buchmesse während der DDR-Zeit ein wichtiger Treffpunkt für Buchfreunde und Buchhändler aus Ost und West. Westdeutsche Journalisten besuchten die Messe und nutzten sie als kulturpolitisches Barometer.


Nach der Wiedervereinigung gewann Leipzig für den gesamten deutschsprachigen Raum an Bedeutung, denn die Leipziger Buchmesse fungiert zum einen als Schnittstelle zwischen osteuropäischen und deutschen Verlagen, zum anderen dient sie als Publikumsmesse, die die Begegnung zwischen Autoren und Besuchern in den Vordergrund stellt. Sie ist heute nach der Frankfurter Buchmesse die zweitgrößte Buchmesse Deutschlands und findet jährlich im März statt. Verantwortlich für die Organisation ist die Leipziger Messe GmbH. In ihrem Rahmen wird zum Zwecke des intensiven Austauschs zwischen Autoren und Publikum das Lesefest Leipzig liest ausgerichtet. Teil der Leipziger Buchmesse sind außerdem die Manga-Comic-Convention sowie seit 1995 die Leipziger Antiquariatsmesse. Doch nicht nur Frankfurt und Leipzig haben in Sachen Buchmessen etwas zu bieten.



Weitere Buchmessen in Deutschland

Da gibt es zum Beispiel die didacta, die als größte Fachmesse für die Bildungswirtschaft in Europa gilt und abwechselnd in Stuttgart, Köln und Hannover stattfindet. Auf politisch linke Autorinnen und Autoren haben sich die GegenBuchMasse, eine Veranstaltungsreihe in Frankfurt am Main und in Wiesbaden, sowie die Linke Literaturmesse in Nürnberg und die Linken Buchtage in Berlin spezialisiert. Außerdem gibt es regionale Buchmessen und ‑ausstellungen, z. B. die Buch Berlin für kleine unabhängige Verlage, die Kölner Buchmesse R(h)einlesen, die jährlich im Herbst stattfindet, und die Oldenburger Kinder- und Jugendbuchmesse (KIBUM), die jedes Jahr im November stattfindet und die größte nichtkommerzielle Kinder- und Jugendbuchmesse in Deutschland ist. In Sachen Buchmessen lohnt sich auch ein Blick über den deutschen Tellerrand.

Buchmessen rund um den Globus

Im Nachbarland Österreich präsentiert sich die Bücherwelt auf der Buch Wien, die auch die Lange Nacht der Bücher ausrichtet. Dann gibt es dort noch das BuchQuartier und die Kritischen Literaturtage, eine alternative Buchmesse.


Für die Schweiz sind die Buch Basel und der Salon international du livre et de la presse in Genf als wichtigste Buchmessen zu nennen. Fast so groß wie die Frankfurter Buchmesse ist die italienische Salone internazionale del libro in Turin. Die London Book Fair ist zwar die zweitgrößte Buchmesse weltweit, allerdings mehr ein Branchentreff und weniger für die Öffentlichkeit bestimmt. Auf dem Salon du livre de Paris stellen seit 1981 im März internationale Verlage ihre Erzeugnisse vor. Europa hat aber noch viel mehr Buchmessen zu bieten, u. a. in Belgien, Polen und den baltischen Staaten.


Und wie sieht es in Übersee aus? Für Nordamerika ist der Salon international du livre de Québec zu nennen, eine französischsprachige Buchmesse in Kanada, die seit 1999 jährlich in Québec stattfindet.


Die wichtigsten Buchmessen auf dem mittel- und südamerikanischen Kontinent sind die Feria Internacional del Libro, die unter demselben Namen, aber in unterschiedlichen Monaten im mexikanischen Guadalajara, auf Kuba und in Uruguay stattfinden. Im argentinischen Buenos Aires trifft sich die internationale Bücherwelt im April jeden Jahres auf der Feria Internacional del Libro, und die Bienal do Livro in Brasilien findet abwechselnd in Sao Paulo und in Rio de Janeiro statt.


Eine Bücherdrehscheibe für Indien und die angrenzenden Länder ist die New Delhi World Book Fair. Die Beijing International Book Fair ist die größte Buchmesse Chinas und eine der bedeutendsten in Asien. Außerdem finden in Ägypten, Israel, Japan, Südafrika und Thailand jährlich Buchmessen statt, die die lokalen und internationalen Märkte bedienen.Egal wo heutzutage Buchmessen stattfinden: Sie sind Treffpunkte der internationalen Publishing-Branche. Hier kommen Branchenplayer, Bestsellerautoren und Kulturfans aus aller Welt zusammen. In einer zunehmend komplizierter werdenden Welt sind Buchmessen somit eine Plattform für die Verständigung zwischen den Kulturen und ein Ausdruck kultureller Vielfalt und Diversität.

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